Wingler, Hans Maria (1920-1984)

Name
Wingler, Hans Maria
Lebensdaten
1920-1984
Geburtsdaten
Geburtsjahr
1920
Geburtsort
Todesdaten
Todesjahr
1984
Biografische Angaben
Wirkungsort: Berlin
Beziehungen zu Organisationen: Bauhaus-Archiv
Hans Maria Wingler wurde am 5. Januar als einziges Kind des Industriekaufmannes Hans Wingler und seiner Frau Gertrud Wingler, geborene Lange, in Konstanz geboren. 1933 zog die Familie nach Frankfurt am Main. Da der Vater demokratisch gesinnt war, ließ er Hans Maria Wingler als einzigen seiner Klasse nicht in die Hitlerjugend eintreten. Als 17-Jähriger wurde ihm die Ausreise zur Pariser Weltausstellung wegen "politischer Unzuverlässigkeit" verweigert. Nach dem Abitur 1938 begann Wingler an der Universität Frankfurt das Studium der Kunstgeschichte. Da er keiner NS-Organisation angehörte, war die Zulassung zum Studium nicht selbstverständlich. 1939 verbrachte Wingler ein Semester an der Universität Wien. 1940 wurde er zum Reichsarbeitsdienst eingezogen, 1941 kam er als Bordfunker zur Luftwaffe. 1943 überlebte er in Italien bei einem Manöver nur knapp den Absturz seines Flugzeuges. Es folgten Aufenthalte im Lazarett, kurz vor Kriegsende geriet er in englische Gefangenschaft, aus der er 1945 entlassen wurde. Nach dem Krieg nahm Wingler in Frankfurt das Studium wieder auf, bis 1948 war er als "wissenschaftlicher Hilfsassistent" am Kunstgeschichtlichen Institut der Johann-Wolfgang-von-Goethe-Universität in Frankfurt am Main zeitweilig auch mit der Leitung des Instituts beauftragt, da er keiner NS-Parteiorganisation angehört hatte und da kein ähnlich unbelasteter Professor zur Verfügung stand. Die fertiggestellte Dissertation "Das Werden des Historizismus in der europäischen Kunst, dargestellt an Beispielen der Architektur des 17. und 18. Jahrhunderts bis zum Beginn des Klassizismus" konnte Wingler nicht einreichen, da die akademischen Lehrer wegen NS-Mitgliedschaft entlassen worden waren und sich die Neubesetzung der Professuren verzögerte. Wingler war inzwischen mit Anna Maria Scherwitz verheiratet und hatte ein Kind. Deshalb verzichtete er aus finanziellen Gründen auf einen akademischen Abschluss und arbeitete seit 1949 als Journalist und Kunstschriftsteller. Er wurde zu einem ausgezeichneten Kenner der (west-)deutschen Nachkriegs-Moderne. Er hielt Vorträge und arbeitet im In- und Ausland als Ausstellungskurator, beispielsweise 1953 in Schweden, wo er am Göteborgs Konstmuseum die Ausstellung "Deutsche Druckgraphik seit 1945" organisierte. 1954 sowie 1956 und 1958 war er als Kurator für die (west-)deutschen Beiträge für die "Internationale für Farblithographie der Gegenwart" im Cincinnati Art Museum (Ohio/USA) zuständig. Ab 1954 widmete sich Wingler vor allem dem Werk des Malers Oskar Kokoschka und dem Bauhaus. Durch die Vermittlung von Walter Gropius wurden Wingler 1957/58 sowie 1959/60 Aufenthalte als wissenschaftlicher Mitarbeiter (Research Fellow) der Harvard University am Busch-Reisinger-Museum in Cambridge/Massachusetts für die Vorbereitungen einer Bauhaus-Monografie ermöglicht. In dieser Zeit fasste Wingler den Plan, in Deutschland ein eigenes Bauhaus-Institut zu gründen. Wichtig dabei wurde nun die Unterstützung nicht nur ehemaliger Bauhaus-Lehrer wie Gropius oder Ludwig Mies van der Rohe, sondern auch ehemaliger Studenten, die Wingler für diese Idee gewinnen konnte. Wingler war der erste, der die Schülerarbeiten aus dem Vorkurs sowie die Arbeiten aus den Werkstätten systematisch sammelte. Um 1960 erhielt er die ersten Zusagen für Spenden und Nachlässe. Am 5. Mai 1960 wurde in Darmstadt der Verein Bauhaus-Archiv e. V. gegründet - mit dem Ziel, die Idee des Bauhauses zu verbreiten und als Trägerverein eines Bauhaus-Archivs zu fungieren. Am 8. April 1961 wurde auf der Darmstädter Mathildenhöhe in den Räumen des Ernst-Ludwig-Hauses das Bauhaus-Archiv als Institut und Museum eröffnet, Wingler wurde dessen Direktor und leitete es bis zu seinem Tod 1984. 1964 entwarf Walter Gropius auf Vorschlag von Wingler einen Zweckbau für das Bauhaus-Archiv, ursprünglich für die Darmstädte Rosenhöhe geplant. Die Sammlung war stark angewachsen, eine angemessene Präsentation und Aufbewahrung war ohne Neubau nicht möglich. Die Stadt Darmstadt konnte den Bau aus Kostengründen nicht verwirklichen. Der Trägerverein nahm nach langen Verhandlungen das Angebot des (West-)Berliner Senates an, den Gropius-Entwurf im Bezirk Tiergarten zu errichten. 1971 zog das Bauhaus-Archiv nach West-Berlin um, wo es anfangs provisorisch in Charlottenburg (Schlossstraße) und seit 1979 im eigenen Gebäude am Landwehrkanal untergebracht ist. Der Name wurde ergänzt zum "Museum für Gestaltung". 1980 erhielt Wingler in Anerkennung seiner Leistungen für das Bauhaus-Archiv und seiner Forschungen zum Thema Bauhaus die Ehrendoktorwürde der Technischen Universität München. Hans Maria Wingler starb am 19. Januar 1984 nach schwerer Krankheit in Berlin. Seine umfangreichen Aufzeichnungen, seine freiberuflich geführten Korrespondenzen sowie der wissenschaftliche Nachlass befinden sich als Hans-Maria-Wingler-Archiv im Bauhaus-Archiv. Seine private Bibliothek befindet sich im Deutschen Forum für Kunstgeschichte/Centre Allemand d'Histoire de l'Art in Paris.
Beruf / Funktion
Kunsthistoriker
Beziehung zu Körperschaften
Art der Beziehung
Bauhaus-Archiv
Andere Namen
Wingler, Hans-Maria
Wingler, Hans M.
Wingler, H. M.
Wingler, Hans
Hans Maria
Wingler
Quelle für Namensansetzung
LCAuth